Schlüsselfelder Wirtshaus führt App-Bestellung für Bier ein – Chaos beim Bierausschank
Schlüsselfeld – Digitalisierung macht auch vor fränkischen Wirtshäusern nicht Halt: Im „Grauen Adler“ wird das Bier ab sofort nur noch per App bestellt. Doch das neue System sorgt bei den Gästen für Verwirrung, leere Krüge und hitzige Diskussionen darüber, ob Technik oder der Wirt selbst schuld ist.
Ein Seidla bestellen – für viele Franken ist das ein Ritual, bei dem ein kurzer Blickkontakt mit dem Wirt und ein kurzes Nicken völlig ausreichen. Doch im „Grauen Adler“ in Schlüsselfeld ist Schluss mit der Einfachheit. Der Chef des Hauses hat entschieden, das Bierbestellen zu digitalisieren: Statt den Wirt persönlich anzusprechen, müssen Gäste ihre Bestellung nun über eine eigens entwickelte App aufgeben.
„Des is die Zukunfd! Mir ham die Dechnig, warum soll i no rumrenna und frong, wer wos will?“, verteidigt er die Neuerung. Seine Hoffnung: Die App soll die Arbeit erleichtern, Bestellungen strukturieren und die Kundenzufriedenheit erhöhen.
Doch die Realität sieht anders aus. Schon am ersten Abend zeigt sich, dass viele Stammgäste mit der Technik auf Kriegsfuß stehen. „I wolld bloß a Bier beschdelln, und edzerd will die Äbb mei E-Mail-Adressn, Händinummä und mei Lieblingsfarb wissn. Schbinna die?“, schimpft Horst W., ein Stammgast seit 1993, während er verzweifelt auf seinem alten Nokia-Tastenhandy herumdrückt.
App-Desaster statt Seidla-Romantik
Die Stimmung kippt, als die ersten Biere nicht wie erwartet ankommen. „Ich hab a Hells beschdelld, und do stehd auf amol a Schbridz in der Äbb! Des drink i ned!“, empört sich Annemarie K., die zum ersten Mal seit 20 Jahren ernsthaft überlegt, den Wirt zu wechseln.
Ein weiterer Gast, der lieber anonym bleiben möchte, berichtet: „Ich wolld a Rodlä beschdelln, ober die Äbb hod gsochd, ich brauch erschd a Sofdwärabdäid. Seid wenn brauch ich fürs Bier a Abdäid?“
Der Wirt bleibt unbeeindruckt. „Des is a Kinnägranghaid, des griing mä hi. Des mit die Abdäids wor mei Sohn, der maand, des mächds moderner.“
Technik trifft Dialekt
Besonders problematisch wird es, wenn Gäste ihre Bestellung per Sprachfunktion in der App aufgeben wollen. Der fränkische Dialekt scheint das System restlos zu überfordern. Statt „a Seidla“ registriert die App Begriffe wie „sei da?“ oder „seid ihr da?“. Ergebnis: Die Gäste warten vergeblich auf ihr Bier, während der Wirt verzweifelt versucht, die Technik manuell zu korrigieren.
Ein Gast bemerkt: „Ich hob gsochd a Hells‘, und die Äbb hod mi gfroochd, ob i ‘a Hodel’ buchen will. Des hob i noch nie erlebd.“
Protest und Resignation
Die Stammgäste sind empört. Eine Gruppe älterer Herren hat bereits angekündigt, ihre Stammtische in ein anderes Wirtshaus zu verlegen. „Des wor unser Bladz, und jetzt solln mir unser Händi züggen, nur weil der Wird modern sein will? Des mach ich ned!“, wettert Karl-Heinz B. aus der Nachbargemeinde.
Doch nicht alle sind unzufrieden. Die jüngeren Gäste finden das Konzept spannend – zumindest, bis ihr Akku leer ist. Tobias F. (24) erklärt: „Ich finds kuul, aber beim driddn Bier hab i kaan Überblick mehr, ob des in der Äbb scho drin is. Am End zahl i vier, wo i bloß drei kabbd hab!“
Ein Ende in Sicht?
Der Betreiber des Wirtshauses bleibt stur und sieht keinen Grund, zur alten Bestellmethode zurückzukehren: „Des is Fordschridd, und do mach i midd. Die Leid müssn hold lerna, wie’s gehd.“ Doch hinter vorgehaltener Hand gibt er zu, dass er ab und zu doch heimlich die Bestellungen an den Tischen aufnimmt, wenn der Druck zu groß wird.
Ob sich das digitale Konzept im Grauen Adler durchsetzt, bleibt abzuwarten. Bis dahin gilt: Handy-Akku aufladen, App installieren und hoffen, dass das Seidla nicht irgendwo im digitalen Nirwana verschwindet.